Rauhaus genießt viel Verständnis
Als Lehrer hat der Rückraumspieler von Gevelsberg-Silschede nicht immer Zeit fürs Training. Trainer Šimec kann das nachvollziehen — als Lehrer.
Sport gilt als eine der schönsten Nebensachen der Welt. Somit müssen die Amateure zwischen Ennepe, Ruhr und Volme einen Beruf ergreifen, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Oder eine Ausbildung gibt es parallel zur sportlichen Welt. Wir fragen uns von der Sportredaktion, ob dies tatsächlich immer reibungslos läuft, laufen kann. Gibt es Probleme, können die Protagonisten immer so trainieren, wie es sich die jeweiligen Trainer vorstellen? Sind die Akteure Spieltag für Spieltag tatsächlich in der Lage, auf Punkte- und Torejagd zu gehen. Oder spannt der Beruf irgendwann so stark ein, dass einige Sportlerinnen und Sportler das Training einschränken, vielleicht sogar ganz aufgeben müssen? Vielleicht sogar den Meisterschaften ade sagen?
In unserer kleinen Serie wollen wir uns umhören. Wo klappt es gut, wo drückt der Schuh? Gleichzeitig mit dem Blick auf die sportliche Laufbahn. Aktuell und rückblickend. Klar ist uns dabei auch, dass es eine Art Streiflicht, nur ein kleiner Querschnitt werden kann, um die Thematik zu beleuchten.
Mit Unterricht ist es nicht getan
Unsere Serie beginnt mit Björn Rauhaus, der in der Handball-Verbandsliga für die HSG Gevelsberg-Silschede spielt. Er ist Lehrer an einem Gymnasium in Dortmund-Aplerbeck. Man könnte meinen: Da dürfte es eigentlich keine Probleme geben mit dem regelmäßigen Training, mit den regelmäßigen Spielen. Zeit ist doch genügend vorhanden. „Das ist generell ein Vorurteil, dass Lehrer viel Zeit neben dem Beruf haben“, sagt Rauhaus lachend. „Denn es gibt regelmäßig Momente, in denen es zeitlich für mich eng wird.“ So verweist der Spieler mit der Trikotnummer 55 darauf, dass es mit den Unterrichtsstunden nicht getan ist. Vor- und Nachbereitungen des Unterrichtes gehören genauso dazu wie das Korrigieren von Klassenarbeiten. Elternsprechtage oder Elternabend können ebenso einen Tag als Lehrer verlängern. Überdies gibt es noch die eine oder andere AG.
Nur gut, dass dies auch sein Trainer allzu gut nachvollziehen kann. Denn auch Sascha Šimec ist Lehrer und weiß also um die so genannten außerschulischen Aktivitäten, die zu diesem Beruf einfach dazu gehören. „Sascha will natürlich, dass alle immer trainieren. Das ist sein naturell“, sagt Björn Rauhaus. „Deswegen will er nicht wirklich, dass ich mal fehle. Aber wird sind überein gekommen, dass ich zweimal die Woche und nicht dreimal trainieren muss. Das hat halt mit meinem Beruf zu tun. Und Sascha Šimec hat tatsächlich großes Verständnis dafür.“
Spieltage gehen immer
An den Spieltagen selbst gibt es keinerlei Einschränkungen. „Natürlich gibt es für Lehrer auch am Wochenende ohne Unterricht einiges zu tun“, sagt Rauhaus. „Aber das lässt sich derzeit gut mit den Meisterschaftsspielen verbinden.“
Dabei liegt die Betonung durchaus auf „derzeit“. Denn das war nicht immer so, erst mit dem Abstieg in die Verbandsliga. Zu Zeiten der Oberliga gab es beispielsweise längere Reisen zu den Gastspielen. Mit dem Bus. „Ich habe mal versucht, zu bearbeitende Sachen mitzunehmen und tatsächlich auf den Anreisen zu erledigen“, erinnert sich Björn Rauhaus. „Aber: keine Chance. Im wackeligen Bus, mit den anderen Leuten drumherum. Da war wirklich nichts möglich.“ So waren in der Oberliga tatsächlich die Zeitfenster an Wochenenden zur Vorbereitung des Unterrichts erheblich kleiner als jetzt in der Verbandsliga. Rauhaus ergänzt: „Als Referendar war dies nicht so schlimm. Als Lehrer wurde die Arbeit intensiver.“ Doch sowohl in der Ober- als auch inzwischen in der Verbandsliga kommt Björn Rauhaus zu dem Schluss: „Ich spiele gern Handball, aber es nervt mittlerweile, jedes Wochenende Termine zu haben.“
Dennoch: Björn Raushaus findet die aktuelle Handball-Situation prima. Denn endlich dürfen sich er und seine weiteren Mitspieler das Gefühl eines Sieges genießen. Das war zuletzt in der Oberliga immer seltener – insbesondere in der letzten, in der Abstiegs-Saison. „Das Gefühl musste ich erst einmal wieder kennen lernen“, sagt Rauhaus. Zwölfmal haben die Jungs um Trainer Sascha Šimec in der laufenden Saison gewonnen. Acht Begegnungen sind noch auszutragen. Dagegen waren es lediglich zwei doppelte Punkte in der vergangenen, in der letzten Oberliga-Spielzeit.
Angenehm macht auch die aktuelle Situation im Verein, dass der Lehrer von einem Lehrer trainiert wird. Das gibt eine besondere gemeinsame Basis. Zum einen „quatschen wir auch viele über die Schule“, erzählt Rauhaus. Überdies tauschen sich Sascha Šimec und Björn Rauhaus in Sachen Handball viel aus. „Ich kann von ihm viel profitieren“, sagt der Rückraumspieler. Schnell fügt er überdies an, das Sascha Šimec alle Spieler mitnehme, dass er mit allen Ideen und Taktiken austausche. „Das bringt uns nach vorn“, sagt Björn Rauhaus.
Handball-Dramen mitgemacht
Eine besondere Rolle nimmt Björn Rauhaus vielleicht auch ein, weil er mittlerweile der dienstälteste Spieler in der Gevelsberger Mannschaft ist. Er ist der einzige Akteur, der alle Oberliga-Spielzeiten mitgespielt hat. Er kam in der Saison 2012/2013, dem ersten Oberliga-Jahr der HSG Gevelsberg-Silschede. Er hat die Dramen mitgemacht, die mehrfach zum Klassenerhalt geführt. Wichtige Siege in letzten Spielen – wie gegen Volmetal im Mai 2015, wie gegen Ferndorf II im April 2016. Und jedes mal Auseinandersetzungen mit viele Emotionen, Dramatiken und erlösendem Jubel.
Der Rückraumspieler und Spielgestalter ist Handball durch und durch. Von Kindesbeinen an hat er sich dem Sport verschieben. In der Jugend von RE Schwelm fing es an – unter anderem mit Hans-Peter Müller, ebenfalls ein Lehrer, als Trainer. Die RE ging zwischenzeitlich in die HSG Linderhausen-Schwelm auf, als diese sich auflöste war es wieder RE Schwelm, dessen Trikot Björn Raus trug. Von der Kreisklasse bis zur Landesliga spielte sich Björn Rauhaus hoch. Die Saison 2011/2012 beendeten Rauhaus und RE Schwelm als Landesliga-Fünfter, ehe es nach Gevelsberg ging . . .
Text: Heinz G. Lützenberger, Westf. Rundschau
Bild:Mustafa Balic
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